Ist die Verfahrensdokumentation Pflicht?
Diese Frage ist eindeutig mit JA zu beantworten! Hervor geht dies aus den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ – kurz GoBD, die 2014 vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht wurden und seit Januar 2015 in Kraft sind. Wie eine Verfahrensdokumentation aufgebaut ist und welche Informationen Sie enthält wird an anderer Stelle erläutert. Weitere Infos zur Verfahrensdokumentation
In diesem Blog-Artikel soll es vielmehr darum gehen, inwieweit man als Unternehmen dazu verpflichtet ist, eine Verfahrensdokumentation vorzuhalten und welche Folgen es haben kann, wenn man bei einer Betriebsprüfung oder Kassen-Nachschau keine Verfahrensdokumentation vorweisen kann.
Unternehmensgröße spielt (k)eine Rolle
Immer wieder wird behauptet, Kleinunternehmen würden keine Verfahrensdokumentation benötigen. Dies ist so nicht richtig! Die GoBD, in ihrer ursprünglichen Fassung von 2014, machen keinen Unterschied im Hinblick auf die Größe eines Unternehmens. Bezug genommen wird in den GoBD lediglich auf die Komplexität der steuerrelevanten Prozesse und Systeme im Unternehmen. So heißt es in RZ 136:
„Die konkrete Ausgestaltung dieser Verfahrensdokumentation ist abhängig von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten DV-Systems.“
Dies bedeutet mit steigender Komplexität der steuerrelevanten Prozesse und den damit verbundenen IT-Systeme, steigen auch die Anforderung an die Verfahrensdokumentation. Da diese in kleineren Unternehmen in der Regel deutlich einfacher strukturiert sind, bedeutet dies, das hier die Anforderungen an die Verfahrensdokumentation nicht so hoch sind. Eine Befreiung von der Pflicht zur Erstellung einer solchen Dokumentation lässt sich daraus aber nicht ableiten.
In der Neufassung der GOBD vom 28. November 2019 wird dann aber doch die Unternehmensgröße in den Blick genommen.
„Bei Kleinstunternehmen, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln (bis 17.500 Euro Jahresumsatz), ist die Erfüllung der Anforderungen an die Aufzeichnungen nach den GoBD regelmäßig auch mit Blick auf die Unternehmensgröße zu bewerten.“
Welche Folgen hat eine fehlende Verfahrensdokumentation?
Bei der Frage, Pflicht ja oder nein, kann man natürlich auch die möglichen Folgen einer Unterlassung betrachten. Sprich: was passiert, wenn ich keine Verfahrensdokumentation vorlegen kann? Hier äußern sich die GoBD in Rz 155 folgendermaßen:
„Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigt, liegt kein formeller Mangel mit sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann.“
In diesem Absatz wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Aufgabe einer Verfahrensdokumentation ist, die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der steuerrelevanten Prozesse im Unternehmen zu gewährleisten. Ist die Komplexität der Prozesse also so gering, dass dies auch ohne Verfahrensdokumentation gewährleistet ist, dann hat ein Fehlen der Dokumentation keine direkten Konsequenzen. Im Umkehrschluss heißt dies aber: sind die Prozesse und Systeme so komplex, dass Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nur mit einer Verfahrensdokumentation gewährleistet werden, kann das Fehlen der Dokumentation sehr wohl zum Verwerfen der Buchhaltung führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn neben dem Fehlen der Verfahrensdokumentation weitere sachliche Mängel in der Buchführung gefunden werden. In solchen Fällen kann es also passieren, dass die Hinzuschätzung höher ausfällt. Umgekehrt kann eine Verfahrensdokumentation bei Fehlern in der Buchhaltung dazu beitragen, dass die Strafe milder ausfällt.
Das Problem an der Sache ist also: ohne Verfahrensdokumentation liegt es im Ermessen des Betriebsprüfers, welche Folgen es hat, wenn ein Unternehmen seiner Pflicht an dieser Stelle nicht nachkommt.
Muss eine Verfahrensdokumentation aktuell gehalten werden?
Viele Unternehmen sind der Ansicht die Erstellung einer Verfahrensdokumentation sei ein einmaliger Akt. Vor diesem Hintergrund spekulieren manche sogar darauf, eine solche Dokumentation erst in Angriff zu nehmen, wenn diese von der Finanzverwaltung angefordert wird. Doch dies ist eine Illusion. Denn die GoBD verlangen eindeutig, dass die Verfahrensdokumentation lückenlos für die Dauer der Aufbewahrungsfrist der Buchhaltungsunterlagen Prozesse und Systeme beschreibt (ab 2015). Hinzu kommt, dass bei einer Betriebsprüfung Zeiträume betrachtet werden, die oft drei bis vier Jahre zurück liegen. Da Unternehmensprozesse einer ständigen Weiterentwicklung unterliegen, ist es unmöglich so weit in der Vergangenheit liegende Sachverhalte im Nachhinein exakt zu beschreiben zu wollen.
Hinzu kommt, dass die Vorlage einer Verfahrensdokumentation nicht nur im Rahmen einer Betriebsprüfung, sondern auch bei einer unangekündigten Kassen-Nachschau verlangt werden kann.
Mehr als nur „lästige Pflicht“
Fasst man die bisherigen Ausführungen zusammen, so wird klar: jedes Unternehmen, dass steuerrelevante Prozesse in digitaler Form aufweist, sollte eine Verfahrensdokumentation erstellen und aktuell halten. Doch über diese lästige Pflicht hinaus, ergeben sich auch innerbetriebliche Potenziale, die nicht zu vernachlässigen sind. Dies sind im Einzelnen:
- Prozessoptimierung: für die Dokumentation der Prozesse und Systeme ist es notwendig sich mit diesen intensiver auseinander zu setzen. Dabei können Potenziale zur Prozessoptimierung identifiziert und genutzt werden, welche nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch Zeit und Geld sparen.
- Gefahrenabwehr: die Erstellung einer Verfahrensdokumentation erfordert eine Auseinandersetzung mit den GoBD. Dabei werden fast immer Fehler und Schwachstellen im System sichtbar, deren Beseitigung vor Strafen durch die Finanzverwaltung schützen. Dokutar unterstützt sie hierbei aktiv, in dem an vielen Stellen auf mögliche Konflikte mit den GoBD hingewiesen wird.
- Dokumentation von Unternehmens-Know-how: liegen im Unternehmen für die steuerrelevanten Prozesse und Systeme noch keine Dokumentationen vor, so sorgt eine Verfahrensdokumentation dafür, dass dieses Wissen zukünftig nicht mehr nur in den Köpfen der Mitarbeiter und Verantwortlichen steckt, sondern in nachvollziehbarer Form dokumentiert ist.
Für Unternehmen die Tax-Compliance ernst nehmen und alle innerbetrieblichen Potenziale heben wollen ist die Erstellung einer Verfahrensdokumentation also nicht nur Pflicht, sondern vielmehr Kür! Wir von dokutar unterstützen Sie dabei mit unserem Online-Tool gerne.
Jetzt 30 Tage kostenlos testen
Testen Sie dokutar kostenlos für 30 Tage unverbindlich