
Das papierlose Büro – durch ersetzendes Scannen möglich?
Jeder Gewerbetreibende und auch Freiberufler müssen wichtige Geschäftsunterlagen entweder sechs oder zehn Jahre lang aufbewahren. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB), in der Abgabenordnung (AO) und in weiteren Gesetzen zu Arbeitsrecht, Produkthaftungsrecht und Sozialversicherungsrecht.
Je größer ein Unternehmen ist, umso mehr Unterlagen in Papierform fallen an. Großbetrieben steht in der Regel mehr Platz zur Verfügung, um ein Archiv für die Aktenablage einzurichten. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dagegen stehen vor der Herausforderung, eine Vielzahl von Ordnern und Dokumentmappen sicher und übersichtlich unterzubringen.
Archive kosten Geld
Einzelunternehmer oder mittelständische Betriebe unterhalten aus Kostengründen häufig nur ein kleines Büro. Um die Geschäftsunterlagen der letzten zehn Jahre aufzubewahren, muss dennoch ein passender Platz gefunden werden. Die Unterlagen dürfen nicht feucht werden oder sogar schimmeln. Gleichzeitig müssen sie vor direkter Sonnenbestrahlung und zu grellem Licht geschützt werden. Die Papiere müssen zu Prüfzwecken lesbar sein, dürfen also nicht zerknüllt oder beschädigt werden. Um die Kosten für die dokumentengerechte Aufbewahrung zu reduzieren, entscheiden sich immer mehr Firmen für die digitale Aufbewahrung in einem Dokumentenmanagementsystem. Dazu wird das sogenannte ersetzende Scannen eingesetzt.
Was ist ersetzendes Scannen?
Ersetzendes Scannen ist die Digitalisierung der Buchhaltung eines Unternehmens. Wenn eine Firma eine Warenlieferung erhält, wird die Ware von einem Lieferschein begleitet. Anstatt den Lieferschein in einem Ordner abzuheften, scannt der Buchhalter den Beleg ein. Kurze Zeit später folgt die Rechnung für die gelieferte Ware. Die Rechnung wird ebenfalls eingescannt und per Überweisung bezahlt. Wenn die Überweisung per Onlinebanking erfolgt, liegen auch die Kontoauszüge in digitaler Form vor. Scannen und Aufbewahren erfolgen in digitaler Form über eine spezielle Software.
Neben den aktuellen Belegen kann ein Unternehmen auch sämtliche Altbestände digitalisieren. Dabei müssen aber einige technische Anforderungen beachtet werden. Außerdem dürfen nicht alle Belege in Papierform vernichtet werden.
Diese technischen Anforderungen müssen erfüllt sein
Um Unterlagen einzuscannen, muss ein Unternehmen über einen technisch einwandfreien Scanner verfügen. Dabei darf es sich auch um ein Multifunktionsgerät handeln, dass als Drucker, Faxgerät und Scanner genutzt wird. Das Gerät muss in der Lage sein, die eingescannten Belege in eine PDF-Datei oder eine Bilddatei, wie JPEG oder TIFF, umzuwandeln. Diese Dateien sind für die elektronische Archivierung der Unterlagen gut geeignet, weil sie nicht verändert werden können. Die eingescannten Belege müssen einwandfrei lesbar sein und originalgetreu abgebildet werden. Da moderne Scanner in der Regel diese Voraussetzungen erfüllen, verzichtet die Finanzverwaltung ausdrücklich auf eine Zertifizierung der Geräte.
So läuft ersetzendes Scannen ab
Damit die Finanzbehörden die eingescannten Unterlagen anerkennen, muss der gesamte Scanprozess dokumentiert werden. Dazu teilt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Dokument BSI TR 03138 Ersetzendes Scannen (Resiscan) den Prozess in diese Schritte auf:
- Eingang des Dokuments
- Dokumentenvorbereitung
- Scannen
- Nachbearbeitung
- Integritätssicherung
- Beweiswerterhaltende Aufbewahrung
1. Eingang des Dokuments
Die Unterlagen können per Brief, als E-Mail-Anhang oder per Fax bei dem Unternehmen eingehen. Dokumente in Papierform werden eingescannt, sofern ein Unternehmen die digitale Aufbewahrung wünscht. Einige Betriebe entscheiden sich, sämtliche aufbewahrungspflichtigen Dokumente einzuscannen, während andere Firmen nur Belege digitalisieren, die nach dem Handelsgesetzbuch oder dem Steuerrecht aufbewahrt werden müssen.
Ein E-Mail-Anhang liegt häufig schon als PDF-Datei oder Bilddatei vor. Diese Datei muss direkt im Originalformat zur beweiswerterhaltenden Aufbewahrung weitergeleitet werden. Wenn der Buchhalter die E-Mail ausdruckt und sie dann einscannt, entspricht sie nicht den steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten.
2. Dokumentenvorbereitung
Zusammengeklammerte Unterlagen müssen auseinandergenommen werden. Wichtige Bemerkungen zu einem Beleg, die sich auf einem angehefteten Notizzettel befinden, werden separat erfasst. Alle Informationen auf den eingescannten Unterlagen müssen gut lesbar sein. Angaben dürfen weder fehlen noch geschwärzt werden. Gegebenenfalls müssen Helligkeit oder Auflösung des Scanners angepasst werden. Wenn unterschiedliche Dokumente, wie Lieferantenrechnungen und Lieferscheine, eingescannt werden, müssen die Belege deutlich voneinander getrennt werden.
3. Scannen
Vor dem ersten Scannen muss der Scanner konfiguriert werden. Der zuständige Mitarbeiter sollte entsprechend geschult sein und über das notwendige Fachwissen verfügen. Um den Scanner zu bedienen, muss der Mitarbeiter ein Passwort eingeben. Das Passwort ist auch für netzwerkfähige Scanner erforderlich. Es ist wichtig, mehrseitige Dokumente nacheinander und in der richtigen Reihenfolge einzuscannen. Dabei ist es auch erlaubt, die Unterlagen doppelseitig zu erfassen. Wenn dem Mitarbeiter, der für das Scannen zuständig ist, eine Manipulation an einem Dokument auffällt, darf er den Beleg nicht einscannen.
4. Nachbearbeitung
Im Rahmen der Nachbearbeitung wird überprüft, ob die eingescannten Unterlagen vollständig und lesbar sind. Scanner, in die ein ganzer Stapel von Blättern eingelegt werden kann, ziehen manchmal zwei oder mehr Seiten gleichzeitig ein. Daher muss der Mitarbeiter prüfen, ob die Anzahl der eingescannten Seiten mit der Anzahl der eingelegten Dokumente übereinstimmt. Wenn eine Behörde oder eine Firma die Barrierefreiheit für ihre Unterlagen garantiert, gilt dies auch für eingescannte Dokumente.
5. Integritätssicherung
Wenn ein Unternehmen seine Buchhaltung digitalisiert, handelt es sich in der Regel um Dokumente ohne besonderen Schutzbedarf. Daher müssen keine gesonderten Maßnahmen, wie Kryptographie oder das Erstellen einer Prüfsumme, getroffen werden. Bei vertraulichen Unterlagen mit hohem Schutzbedarf darf der Scann-Prozess nur ausgeführt werden, wenn der Zugang zu den Dokumenten durch spezielle Beschränkungen abgesichert ist. Dieselben Beschränkungen gelten auch für besonders schutzwürdige Belege in Papierform.
6. Beweiswerterhaltende Aufbewahrung
Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14. November 2014 über die „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) gibt wichtige Hinweise über die Aufbewahrungsfristen für Unternehmen. Dabei unterliegen digitale Belege denselben gesetzlichen Aufbewahrungsfristen wie Unterlagen in Papierform. Wenn eine Firma ersetzendes Scannen einsetzt, muss sie sicherstellen, dass die ausgewählte Software den GoBD-Anforderungen entspricht. Hinzu kommt, dass die Aufbewahrung revisionssicher erfolgen muss, was nur mit einem Dokumentenmanagementsystem möglich ist.
Nicht alle Unterlagen dürfen vernichtet werden
Auch wenn das ersetzende Scannen Papier aus den Büros verbannen soll, dürfen nicht alle Unterlagen nach dem Scannen vernichtet werden. Folgende Dokumente müssen weiterhin in Papierform aufbewahrt werden:
- Eröffnungsbilanz
- Jahresabschlüsse
- Zollanmeldungen
- Notarverträge und Urkunden
- Unterlagen mit Original-Unterschriften
- Dokumente mit Wasserzeichen
Bei den nicht aufbewahrungspflichtigen Belegen sollte die Vernichtung erst einen Monat nach der Umsatzsteuer-Voranmeldung und nach Kontrolle der eingescannten Dokumente durch eine dritte Person erfolgen.
Ersetzendes Scannen in der Verfahrensdokumentation
Das ersetzende Scannen ist ein sehr sensibler Vorgang, denn es werden bei diesem Geschäftsprozess steuerrelevante Belege und Dokumente aus der Papierform in die digitale Form überführt und die Orginale in der Regel anschließend vernichtet. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, das das ersetzende Scannen in der Verfahrensdokumentation ausführlich dokumentiert werden muss. Mit dokutar ist dies jedoch ganz einfach. In der Liste der steuerlich relevanten Geschäftsprozesse gibt es einen eigenen Punkt „Ersetzendes Scannen“. Hier fragen wir alle wichtigen Punkte rund um das ersetzende Scannen ab. Dabei werden sowohl der Digitalisierungs-, als auch der Vernichtungsprozess der Belege berücksichtigt. Aber auch Aspekte wie Zuständigkeiten und Kontrollen werden beleuchtet.