Anforderungen an Kassensysteme
Das Schreiben zur Kassenführung vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) vom 26.11.2010 regelt die Anforderungen an elektronische Kassensysteme die im Zeitraum vom 26.11.2010 bis zum 31.12.2019 angeschafft worden und nicht aufrüstbar im Sinne des Kassengesetzes sind. Kassen, die diese Anforderungen erfüllen, dürfen letztmalig bis zum 31.12.2022 eingesetzt werden.
Die Anforderungen im Einzelnen
Buchungen und Aufzeichnungen müssen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden. Diese Daten müssen unveränderlich abgelegt werden (entweder im Kassensystem oder auf einem externen Speicher. Jeder einzelne Geschäftsvorfall muss elektronisch aufgezeichnet werden und für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht (zehn Jahre) jederzeit wieder lesbar gemacht werden können. Diese gespeicherten Aufzeichnungen sind bei einer Betriebsprüfung in digitaler Form vorzulegen.
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen wurde um die sogenannte Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) ergänzt. Diese regelt insbesondere
- auf welche Aufzeichnungssysteme sie anzuwenden ist – hierzu zählen computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen,
- wann und wie die geforderte Protokollierung der digitalen Grundaufzeichnung zu erfolgen hat
- dass die Speicherung der Grundaufzeichnungen manipulationssicher auf einem Speichermedium vorgenommen werden muss
- die Anforderungen an die EDS/DSFinV-K (digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme) für einen reibungslosen Datenexport an die Finanzbehörden erfüllt werden.
Seit dem 01.01.2020 wurden durch das Kassengesetz weitere Verschärfungen bei der Kassenführung vorgenommen. Ziel ist es die nachträgliche Veränderung oder Manipulation von steuerlich relevanten Kassenvorgängen („digitale Grundaufzeichnungen“) zu erschweren. Anhand einer „Technischen Sicherheitseinrichtung“ (TSE), die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgegeben wird, soll eine Manipulation verhindert werden. Seit dem 01.01.2020 muss bei der Anschaffung eines neuen Kassensystems eine zertifizierte TSE eingesetzt werden. Jeder Vorgang wird von der TSE in mehreren Schritten protokolliert, wobei jeder einzelne Schritt als „Transaktion“ bezeichnet wird, die eine eindeutige, fortlaufende und manipulationssichere Transaktionsnummer erhält. In Verbindung mit der TSE muss das Speichermedium sicherstellen, dass sämtliche darauf aufgezeichneten Daten durch einen Betriebsprüfer abgerufen werden können. Seit dem 01.01.2020 muss dem zuständigen Finanzamt Art und Anzahl der im Unternehmen eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme und der TSE mitgeteilt werden. Nach § 146a Abs. 4 AO muss wer ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit einer TSE verwendet innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme mitteilen:
- Name des Steuerpflichtigen
- Steuernummer des Steuerpflichtigen
- Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung
- Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
- Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme
- Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
- Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems
- Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.
Die ersten TSE wurden bereits im Laufe des ersten Quartals 2020 „eingebaut“. Somit verschiebt sich der Beginn der Meldepflicht für Bestands und Neugeräte ab Nutzung. Beginn und Ende des Einsatzes im Unternehmen sind ebenso mitzuteilen wie die verwendete TSE. Auch Änderungen wie Außerbetriebnahme oder Neuanschaffung müssen innerhalb einer Monatsfrist mitgeteilt werden.
Aufgrund des hohen Aufwandes und der Dauer, der für eine flächendeckende Implementierung des TSE bei elektronischen Kassensystemen notwendig ist, haben Bund und Länder beschlossen, das es nicht beanstandet wird, wenn die Kassensysteme bis 30.09.2020 nicht mit dem TSE ausgestattet bzw. aufgerüstet wurden.
Rechtliche Grundlagen für die oben angeführten Anforderungen
- der Abgabenordnung (AO), insbesondere §§ 145, 146, 146a und 147 AO unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
- (Kassenmanipulationsgesetz)
dem Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere §§ 238, 239 und 257 HGB
der Verordnung zur Bestimmung der technischen Anforderungen an elektronische Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr (Kassensicherungsverordnung – KassenSichV).
dem Umsatzsteuergesetz (UStG), insbesondere §§ 14, 14a (Ausstellung von Rechnungen), 14c (unzulässiger Umsatzsteuerausweis) und 15 (Vorsteuerabzug) sowie - der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) zur Spezifikation einzelner umsatzsteuerlicher Grundlagen
- den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)
- aus Prüfungsstandards und Stellungnahmen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) ergeben, z.B. IDW RS FAIT I: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei Einsatz von Informationstechnologie und IDW RS FAIT III: Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim Einsatz elektronischer Archivierungsverfahren
Eine Verfahrensdokumentation kommt bei der Kassenführung eine entscheidende Bedeutung zu.
Sie ist eine wichtige Basis für die Beweiskraft einer manuellen oder IT-gestützten Kassenführung sowie der damit verbundenen sonstigen handels- und/oder steuerrechtlichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Die Folgen fehlender Ordnungsmäßigkeit können weitreichend sein, z. B. Nichtanerkennung von Betriebsausgaben, Zuschätzungen von Betriebseinnahmen oder Gewinnen, bis hin zu Zwangsmitteln, Bußgeldern und ggf. Steuerstrafverfahren.
Die erstellte Verfahrensdokumentation muss allen am Verfahren Beteiligten bekannt gemacht werden. Änderungen am Verfahren und/oder an den Maßnahmen müssen dokumentiert werden (Notwendigkeit der Versionierung). Die Verfahrensdokumentation gehört mit allen gültigen Versionen zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen.