Schriftzug Finanzamt an Hauswand

Die Verfahrensdokumentation in der Betriebsprüfung

Die fortschreitende Digitalisierung verändert nicht nur die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Buchhaltung organisieren – sie stellt auch die Finanzverwaltung vor neue Herausforderungen. Immer komplexere IT-gestützte Prozesse, vielfältige Schnittstellen und automatisierte Workflows erschweren es Betriebsprüfern zunehmend, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nachzuvollziehen. Genau hier kommt die Verfahrensdokumentation ins Spiel: Sie soll dem Prüfer einen klaren, strukturierten Einblick in die digitalen Abläufe geben und transparent machen, wie Belege entstehen, verarbeitet und archiviert werden. In diesem Blogartikel zeigen wir, warum die Verfahrensdokumentation bei der Betriebsprüfung heute unverzichtbar ist.

Die Betriebsprüfung im Wandel

Die Betriebsprüfung ist ein zentrales Instrument der Finanzverwaltung, um die steuerliche Ordnungsmäßigkeit in Unternehmen zu überprüfen. Doch wie diese Prüfungen durchgeführt werden, hat sich in den letzten Jahren stark verändert – insbesondere durch die fortschreitende Digitalisierung. Während früher Belege in Papierform gewälzt wurden, stehen heute digitale Daten, automatisierte Prozesse und elektronische Buchhaltungssysteme im Fokus. Damit einher gehen neue Prüfmethoden, veränderte Anforderungen – und ein wachsender Stellenwert der Verfahrensdokumentation.

Arten der Betriebsprüfung

Die Finanzbehörden unterscheiden verschiedene Formen der steuerlichen Außenprüfung, darunter:

  • Regelmäßige Außenprüfung (Vollprüfung): Klassische Prüfung bei mittleren und großen Unternehmen. Hier werden alle steuerlich relevanten Sachverhalte eines Prüfungszeitraums umfassend kontrolliert.
  • Anlassbezogene Prüfung: Wird z. B. bei Auffälligkeiten oder besonderen Geschäftsvorfällen durchgeführt.
    Lohnsteuer-Außenprüfung: Fokus liegt auf der ordnungsgemäßen Abführung der Lohnsteuer.
  • Umsatzsteuer-Sonderprüfung: Findet meist bei Unternehmen mit hohen oder unregelmäßigen Vorsteuerbeträgen statt.
  • Kassen-Nachschau: Unangekündigte Prüfung von Kassenaufzeichnungen – besonders bei bargeldintensiven Unternehmen z.B. in der  Gastronomie und im Einzelhandel.

Die Digitalisierung verändert die Vollprüfung

Die klassische Vollprüfung hat sich mit der Digitalisierung grundlegend gewandelt. Heute greifen Prüfer auf umfangreiche digitale Datenanalysen zurück, um Auffälligkeiten zu erkennen oder Plausibilitätsprüfungen durchzuführen. Unternehmen sind verpflichtet, die Daten in einem standardisierten Format bereitzustellen – etwa in Form der GDPdU-Daten (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen).

Statt durch Papierordner zu blättern, analysieren die Prüfer nun große Datenmengen mithilfe spezieller Software – und erwarten, dass die zugrunde liegenden Abläufe klar dokumentiert und nachvollziehbar sind.

Digitale Tools der Finanzverwaltung

Die Prüfer der Finanzverwaltung arbeiten zunehmend mit professionellen Analysetools. Die wichtigsten sind:

  • IDEA (Interactive Data Extraction and Analysis): Mit diesem Tool können große Datenmengen ausgewertet, Filter gesetzt und Auffälligkeiten aufgedeckt werden.
  • AIS TaxAudit: Software zur automatisierten Prüfung von Daten aus dem Rechnungswesen.
  • AmadeusVerify (regional im Einsatz): Prüfung von Kassendaten und Kassensystemen.

Diese Tools ermöglichen es, Systemfehler, Buchungslücken oder ungewöhnliche Geschäftsvorfälle schnell zu identifizieren – selbst dann, wenn diese im Tagesgeschäft unauffällig erscheinen.

Die Verfahrensdokumentation als Schlüssel zur Transparenz

In dieser neuen digitalen Prüfungswelt spielt die Verfahrensdokumentation eine zentrale Rolle. Sie ist der „rote Faden“, der dem Prüfer hilft zu verstehen, wie das Unternehmen seine Prozesse organisiert, welche Systeme eingesetzt werden, und wie die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung sichergestellt wird.

Fehlt diese Dokumentation oder ist sie unvollständig, entsteht für den Prüfer ein Informationsvakuum – das zu Rückfragen, Unsicherheiten oder im schlimmsten Fall zu Hinzuschätzungen führt. Eine gut strukturierte Verfahrensdokumentation hingegen signalisiert: „Wir haben unsere Prozesse im Griff – und können sie belegen.“

Der richtige Zeitpunkt für die Verfahrensdokumentation

Die Erstellung einer Verfahrensdokumentation steht in vielen Unternehmen ganz unten auf der Prioritätenliste. Verständlich – schließlich erfordert sie Zeit, Sorgfalt und eine gewisse Detailtiefe, die im hektischen Alltag oft schwer aufzubringen ist. Hinzu kommt: Betriebsprüfungen werden in der Regel mit Vorlauf angekündigt (mit Ausnahme der Kassennachschau), und bei kleineren oder mittleren Unternehmen finden sie oft nur alle paar Jahre statt. Viele Unternehmer schätzen das Risiko daher als gering ein – und nehmen das Fehlen einer Verfahrensdokumentation als vermeintlich kalkulierbares Risiko hin.

Ein trügerisches Gefühl von Sicherheit

Diese Einschätzung ist jedoch gefährlich. Denn auch wenn eine Prüfung selten stattfindet, kann das Fehlen einer ordnungsgemäßen Verfahrensdokumentation gravierende Folgen haben. Die GoBD fordert ausdrücklich eine nachvollziehbare Dokumentation aller Prozesse rund um Buchführung, Datenverarbeitung und Archivierung. Fehlt diese Verfahrensdokumentation, darf der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zwar nicht allein deshalb verwerfen. Treten jedoch zusätzlich Fehler bei der Verbuchung von Geschäftsvorfällen auf, kann das Fehlen der Dokumentation die Lage für das Unternehmen deutlich verschärfen – etwa durch eine strengere Auslegung oder eine höhere Hinzuschätzung.

Dokumentation auf Knopfdruck? Unrealistisch!

Ein weiteres Problem: Viele Unternehmen hoffen, eine Verfahrensdokumentation im Ernstfall „schnell nachliefern“ zu können, wenn die Prüfungsanordnung eintrifft. Doch wer jemals versucht hat, rückwirkend Prozesse zu rekonstruieren oder den Ablauf zwischen Buchhaltung, Warenwirtschaft und Archivierung zu beschreiben, weiß: Das ist weder einfach noch zuverlässig. Häufig sind wichtige Informationen nicht mehr verfügbar, Software oder Ansprechpartner haben sich geändert – oder es fehlt schlicht die Erinnerung an Details.

Daher gilt:

Der beste Zeitpunkt für die Verfahrensdokumentation ist NICHT während oder kurz vor der Prüfung!

Mehr als nur Pflicht: Ein Werkzeug zur Prozessoptimierung

Oft wird übersehen, dass die Verfahrensdokumentation nicht nur dem Finanzamt dient. Richtig eingesetzt, ist sie ein wertvolles internes Steuerungsinstrument. Sie zwingt Unternehmen dazu, sich mit ihren eigenen Abläufen auseinanderzusetzen:

  • Welche Systeme greifen ineinander?
  • Wo gibt es manuelle Schritte oder Medienbrüche?
  • Wer ist für welche Prozesse verantwortlich?
  • Wo bestehen Risiken oder Redundanzen?

Im Rahmen der Dokumentation werden oft Ineffizienzen oder unnötige Komplexitäten sichtbar, die vorher unter dem Radar liefen. Unternehmen, die diese Erkenntnisse nutzen, profitieren gleich doppelt: Sie erfüllen die GoBD-Anforderungen und verbessern gleichzeitig ihre internen Abläufe – z. B. durch klarere Zuständigkeiten, optimierte Schnittstellen oder besser dokumentierte Arbeitsanweisungen.

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